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Dezember in der Galerie

Bei Rainer gibt es immer zwei Ebenen: ein Darunter und ein Darüber. Manchmal sind diese Ebenen deutlich sichtbar, manchmal aber ist es für den Betrachter sehr schwierig, in diese Zwischenwelten einzutauchen. In diesen Welten, wo die Gegensätze einander annähern, liegt das Geheimnis.

„Es gibt keine guten oder weniger guten Bilder von Arnulf Rainer. Nur fertige und unfertige.“ Helmut Zambo

Seit dem Mittelalter wird Schichtenmalerei ausgeführt. Farbe überdeckt Bestehendes. Jede Übermalung ruft einen neuen Zustand hervor. Jede Übermalung ist das Resultat eines individuellen Malprozesses. Es entsteht keine monochrome Oberfläche, sondern eine unnachahmliche Gestaltung die sich Schicht für Schicht zum Besten formt.

Auf wunderbare Art und Weise entfalten gerade die Werke eine große Kraft, die zutiefst durch die Person des Künstlers gegangen sind. Wer sich auf die Kunst von Arnulf Rainer einlässt, muss in dem Widerspruch ausharren können, muss gespannt sein was geschieht wenn Tabus aufbrechen.

„Ich habe Rainer viel zu verdanken. Das Sehen und Verstehen von Bildern – und das Glücksgefühl, das einen durchströmt, wenn das Werk, das man von ihm erworben hat sein Geheimnis preisgibt.“ Helmut Zambo

Er selbst sei es, der unter den Übermalungen schlafe, bemerkt Rainer in einem Interview 1975. Die Zumalungen sind keine Abstraktionen sondern seine eigene psychische und physische Verhüllung. Sein Werk teilt sich in zwei Gruppen, Entäußerung und Verinnerlichung. Das Bloßlegen und nach außen stülpen des Inneren ist dabei immer an das Gestische gebunden und wird dadurch verstärkt. Das Verhüllen durch Zumalung jedoch löscht den darunter liegenden Gegenstand  physisch aus, wobei seine geistige Gegenwart durch die Struktur der Oberfläche spürbar bleibt.

„Rainers Werk ist beständig, fordert immer aufs Neue heraus und versetzt in Erstaunen.“ Christa Armann