Face Farces - Body Poses

Aufgrund filmischer Aufzeichnungen während seiner Arbeit kommt Rainer auf die Idee seine Nervenanspannungen und Gesichtsverwandlungen beim intensiven Zeichnen als eine eigene Werkgruppe entstehen zu lassen.

Wenn ich zeichne bin ich aufgeregt, spreche mit mir selbst, verziehe mein Gesicht, beschimpfe Leute, bewege und verwandle mich permanent als Leib, Charakter und Person. Diese Nebenerscheinungen bei der Bildnerei wollte ich verselbständigen. ... Arnulf Rainer 1971

In der Fotoautomatenkabine am Wiener Westbahnhof beginnt er 1968 mit den ersten grimassierenden Selbstporträts in Postkartengröße. Allerdings entspricht der Ausdruck in den Fotos nicht seiner Anspannung und Emotion, die er vermitteln will. Um eine bessere Akzentuierung zu erlangen, korrigiert Rainer die Fotos mit einem Stift. Anfangs eher zurückhaltend, setzt er nur bestimmte für ihn wichtige Akzente. Je intensiver er mit seinen Fotos arbeitet, je mehr er sich in Selbstgespräche vertieft – Dialoge mit sich selbst –, umso größere Verwandlungen geschehen mit seinem Abbild. Rainer erweitert seine eigene Person. Er agiert als Schausteller mittels Mimik und theatralischen Körperposen für die Aufnahmen. In einem zweiten Schritt intensiviert er den Ausdruck der Fotographie durch graphische und malerische Mittel. Malerei als Selbstreproduktion und imaginäre Selbstgestaltung.

Die Arbeitsphasen sind relativ kurz. Sein Spiegelbild stimuliert Rainer zu einer extrovertierten Selbstkommunikation, danach erfolgen die Fotoaufnahmen, meist von einem vertrauten Fotografen ausgeführt. Der nächste Schritt ist die Auswahl aus hunderten in kürzesten Abständen festgehaltenen und auf Fotos gebannten Momenten. Nach einer Beruhigungsphase, erfolgt Wochen später eine zweite Selektion und erste Korrekturen entstehen aus Ärger über das Ungenügen der Fotografie seine ekstatischen Momente einzufangen.

Das Prinzip der Überlagerung durch Doppelbildlichkeit erweitert Rainer jetzt durch eine Medienüberschneidung und eine Überschneidung von zwei Ausdrucksformen. Er verbindet darstellende Kunst mit bildender Kunst und Fotografie mit Malerei. Die Sprache des Gesichts, die Selbstdarstellung, wird plötzlich als Kunst verstanden d.h. die Trennung zwischen Kunst und Leben wird dadurch aufgehoben.


(Text: Christa Armann)