Oswald Oberhuber - Künstler

Es lassen sich zwei Möglichkeiten oder zwei Aussagen tätigen:

eine zu deiner Person und eine zu deiner künstlerischen Arbeit, und weil das eine mit dem anderen etwas zu tun hat, lässt sich das auch nicht getrennt betrachten. Die Kunst ist etwas sehr Persönliches, daher spielt die Person selbst im künstlerischen Bereich eine Rolle und existiert im Zusammenhang mit dem Denken und Handeln der jeweiligen Person. Ebenso wichtig ist es, einen Blick zu werfen auf ihre Kritikfähigkeit, ihre Feinfühligkeit und ihr Bedürfnis nach Qualität. Das sind wichtige Voraussetzungen, um gute Leistungen zu vollbringen, denn ohne Kritik nach Außen und nach Innen gibt es keine zufriedenstellende Produktion, und das ist in deinem Falle in großem Ausmaß vorhanden.

Also Kenntnisse, Erfahrungen und Einblicke in allen Vorgängen als Voraussetzung, um Kunst überhaupt machen zu dürfen oder zu können.

Die zweite Aussage, die viel wichtiger ist, vor allem für dich selbst, aber auch für jene, die Kunst konsumieren, ist die eigene Arbeit.

Die Problematik der eigenen Arbeit und die Kämpfe darum, die ja sehr stark geprägt sind von einem selbst und den ganzen Krisen, sind bloß Ausgangsbasis, da du eigentlich nicht als Bildhauerin begonnen hast.

In deinem Fall zeigt sich ein Vorgang, der Zeichen dafür ist, dass du dich irgendwo hinbewegst und etwas vorziehst, was dir eben wichtig ist – so wie man die einfache Dimension eines Zeichenblattes oder einer Leinwand verlässt, um zu einer vierdimensionalen Formulierung zu kommen. Die ist in sich viel komplizierter und schwieriger, aber auch wieder leichter, weil die Durchführung auch räumlich festgehalten werden kann. Man kann sich selbst in den räumlich bezogenen Aussagen interpretieren oder darin sehen und ich finde toll, dass du von flächenhaften Momenten zu räumlichen gekommen bist, und zwar räumlich in verschiedensten Dimensionen.

Daher ist Kunst, wie wir wissen, nicht nur ein theoretischer Moment, sondern auch ein praktischer, das heißt: ohne Durchführung hat die Arbeit keine Sichtbarkeit oder keine Bedeutung. Im Endeffekt ist dann das Ergebnis, das durch Praktisches und theoretische Verbindung entsteht – auch wenn es primitiv klingt – die entscheidende Frage, weil die Kunst doch abhängig ist von der Durchführung. Die Idee ist oft in ihrer gedanklichen Erfassbarkeit einfacher und leichter feststellbar für die Schaffenden. Die Übertragung auf die BetrachterInnen ist ein wesentlicher Faktor. Und der erst führt zu der Frage, ob die Idee auch in jene Vollendung kommt, die für beide Seiten zu einer befriedigenden Feststellung führt.

Entscheidend für dich ist nicht nur, dass das Material über sich hinauswächst, denn du hast auch materielle Gründe und verwendest ein Material, das es dir ermöglicht, große und verschiedene Dimensionen durchzuführen. Das heißt, du musst zum  Material, ob das jetzt Holz oder Styropor ist, eine Fassbarkeit bekommen. Das Material ist in deinem Fall eine Art Unterlage für etwas, das sich dann erst erfüllt, wenn du es mit Farbe zu einer Lebendigkeit führst. Ich hab deine Kämpfe erlebt und die Widerstände, die für dich wichtig sind, die Überlegungen, die auch im Zusammenhang mit dem Raum existieren, mit dem Raum, in dem deine Skulpturen entstehen, um etwas durchzuführen. Du lebst ja immer in dieser Welt, in die diese Skulptur hineinwächst, im Gegensatz zu den BetrachterInnen.

Das Entstehen jeder künstlerischen Arbeit bedingt oder unterliegt ja eigentlich auch der Bewältigung des Materials, denn das Material ist Teil einer Anregung und bringt dich zu einer Formulierung. Die Frage ist dann: Hat die Formulierung eine Sinnhaftigkeit? Ist das, was den Künstler bewegt und betrifft wichtig? Die Sinnhaftigkeit kann natürlich auch darin bestehen, dass der Sinn durch einen selbst gegeben ist.

Ich kann aber nicht einen Block durchbrechen und aus ihm eine ganz andere Welt schaffen, wenn mich das Material zu einer gewissen Strategie der Empfindung zwingt. Das ist ja eigentlich der schwierigste Moment, und das ergibt ja dann auch den Sinn, das heißt, der Sinn erfüllt sich eben in dieser Sprache der durchführenden Person und dem sich im Widerstand stehenden Material – das sind zwei Vorgänge.

Jede Beschreibung eines Kunstwerkes unterliegt natürlich einer subjektiven Interpretation. Ich weiß nicht, wie weit man dem Gedanken der Person entgegenkommen kann, die das Kunstwerk durchführt. Der Begriff des Plastischen, der in deinen Arbeiten eine große Rolle spielt, ist mir klar: plastisch eben, das ja einen Körper vorweist, plastisch als Körper, oder Plastik als Körper, das ja eigentlich nach meiner Auffassung der Grundgedanke dieser Skulpturen ist, also die Beherrschung des Raumes mit eben diesen von dir durchformten Elementen.